Freitag, 17. Juli 2015

Alles umsonst

22. Hesinde 1011 BF

Wir folgen Ardo, der in Anbetracht der langen Diskussion was wir nun als nächstes tun, einfach den dritten noch unbekannten Weg entlang schreitet. Nach ca. dreihundert Schritt erreichen wir eine große Lichtung deren Boden aus großen Steinplatten besteht. Inmitten des Platzes ragt eine große Stufen-Pyramide empor in deren oberstem Stein eine Tür zu sein scheint. Als wir nach oben steigen und uns dem Eingang nähern, erkennen wir ein großes steinernes Tor in das ein riesiger Drachenschädel eingraviert ist. Die Augen des Drachens sind leere Höhlen und doch wirkt der Kopf schon bedrohlich. Das Tor ist aus massivem Obisidangestein wie die Säule an der Kreuzungslichtung. Eine echsische Inschrift erschließt sich mir wieder als Einzelworte, doch bevor wir uns diesem Rätsel widmen, möchte ich das andere metallische Ei aus dem See bergen. Wir gehen zurück zur Kreuzung und bevor wieder eine Diskussion entbrennt, entkleide ich mich und berühre die Schildkröte. Wieder zerrt der Schmerz an meinen Gliedmaßen und ich verwandle mich in eine ziemlich große weiß-grünliche Wasser-Schildkröte. Meine Begleiter tragen mich zum See damit es schneller geht und werfen mich hinein. Geistesgegenwärtig bindet Ragnar noch sein Seil um mich, damit ich nicht ganz davon schwimme, falls die Instinkte mich beherrschen. Es ist angenehm im Wasser und ich bin wendiger als ich es für möglich hielt. Irgendwelche monströse scharfzahnige Fische tummeln sich um mich rum und ich bin froh in diesem Moment kein Mensch zu sein. Ich hole das metallische Ei an Land und werde zur Säule zurückgetragen. Während sich die anderen noch Gedanken über das Ei und die Inschrift machen, überkommt mich der tierische Instinkt und ich wende mich zurück zum See, doch ich verwandle mich noch auf dem Weg und wandere wieder splitternackt zurück und kleide mich wieder an. Die Blicke meiner Gefährten ignoriere ich einfach und wir gehen wieder zur Pyramide. Während wir noch überlegen was die Inschrift uns zu sagen versucht, ritzt sich Korvo in den Unterarm und bestreicht mit seinem Blut die gefundenen Eier und sie brechen sofort auseinander. Zwei rote Edelsteine kommen zum Vorschein und diese passen perfekt in die noch leeren Augenhöhlen. Das Tor öffnet sich und eine Treppe führt hinab in das Pyramindeninnere. Ich behalte noch ein wenig den Dschungel im Auge, immer Sulman im Hintergedanken, doch folge ich dann auch meinen Gefährten hinunter. In der Mitte des Saales steht ein großer Altar auf dem ein goldenes Zepter steht. Über ihm befindet sich ein seltsames Wabern in dem man kaum etwas erkennen kann. Als wir näher treten erkennen wir schwach einen roten Kristall in dem Wabern und in den Altar sind vier gleiche Mulden eingelassen die wie Opferschalen wirken. Unweit vom Altar liegt ein großer Knochenberg, doch sie sind sehr alt und zerfallen schon fast beim Hinschauen. Trotzdem verteilt Korvo die Knochen ein wenig und zerstört auch einige. In den vier Ecknischen der Pyramide liegen Mumien. Als wir uns diese genauer ansehen, finden wir unter den Stoffbahnen vier mumifizierte Achaz ohne Schmuck oder sonst etwas Auffallendem. Als Kaldrim und ich einen anheben, ist er allerdings erstaunlich schwer und Ragnar seziert einen der Echsenwesen. In seinem Bauchraum wird er fündig und nachdem wir alle Mumien aufgeschlitzt haben, besitzen wir 2 versteinerte große Eier, 1 Kanope die eine Art schuppigen Staub enthält und ein Stück Schädelknochen. Mir kommt der Gedanke des Lebenszyklus und wir probieren die Dinge der Reihenfolge nach in die Opferschalen zu legen. Dank eines Denkfehlers tut sich aber nichts und Kaldrim sortiert nochmal um. Zuerst ein Ei, das für die Geburt steht, dann die Schuppen, die für die Häutung im Wachstum stehen, danach der Knochen, für den Tod und zuletzt wieder das Ei, als Zeichen der Wiedergeburt. Plötzlich haben wir das Gefühl, dass der Tempel sich dreht, doch als ich nach draußen blicke drehen wir uns nicht vom Dschungel weg, doch das Drehen wird stärker, Wind kommt auf, alles kreist schneller und schneller. Wir können erkennen wie sich das Innere der Pyramide verändert und sich erneuert. Die Knochen vom Knochenhaufen fügen sich wieder zusammen. Wir befinden uns wohl in einer Art Zeitstrudel rückwärts, doch der Sog und das Kreisen werden so wild, dass wir uns nicht mehr auf den Füssen halten können und es schleudert uns mit.

Als wir wieder zu uns kommen und uns aufrappeln, stockt mir der Atem. Ein großes echsisches Ungetüm steht mitten im Tempel und es ist keine drei Schritt von mir entfernt. Der Tempel selbst wirkt deutlich jünger. Ein kurzer Blick zur Mitte zeigt mir immer noch das Szepter mit dem roten Kristall, doch diesmal klar und deutlich.

Ich versuche mich vorsichtig zurückzuziehen, doch kaum, dass ich mich bewege, greift mich das Tier an. Ich reiße noch geistesgegenwärtig meine Waffe hoch und kann seinen Biss abwenden doch der ungleiche Kampf hat erst begonnen. Kaldrim und Ardo eilen mir zu Hilfe, während Korvo versucht den Kristall in Sicherheit zu bringen und Ragnar sich konzentriert und es schafft das Ungetüm zu blenden, was es noch wilder macht. Ein langer Kampf entbrennt, doch wir schlagen uns tapfer. Als sich das Monster Kaldrim zuwendet, und somit seitlich zu mir steht, kann ich ein paar wertvolle Hiebe austeilen, doch irgendwann wendet es sich Ardo zu und das Vieh schlägt ebenso mit dem Schwanz aus. Ich kann geschickt ausweichen. Ragnar stößt zu uns und rammt ihm ein paar heftige Axthiebe in seine Schuppen. Als das Tier endlich zu Boden geht, traue ich meinen Augen kaum. Korvo steht zu Stein erstarrt auf dem Altarsockel und ich sehe gerade noch wie Sulman mit dem roten Kristall in einem schwarzen wabernden Tor verschwindet, dass immer kleiner zu werden scheint. Als ich in Richtung Altar laufe, erblicke ich hinter dem Tor Puspereiken auf dem Boden und eile hin, packe ihn über die Schulter und stürze mit ihm hinterher in die Schwärze, während die anderen Korvo anpacken und auch folgen.

Dann umfängt uns Dunkelheit und kurz Schmerz und wir verlieren jegliche Orientierung. Wir haben das Gefühl zu fallen, doch werden wir in eine bestimmte Richtung durch den Limbus gezogen. Keiner kann sagen wo oben oder unten ist und irgendwann, als wir jegliches Zeit- und Raumgefühl verloren haben, spüren wir wieder Schmerz und landen auf steinernem Boden.

Wir befinden uns wieder in einer Pyramide. Inmitten des Raumes führen diesmal Treppen hinauf zu einer Plattform. Eine steinerne Säule steht inmitten des Plateaus und über ihr schwebt wabernd ein roter Rubin. Ein schwarzbekutteter Mann kniet murmelnd davor mit einem riesigen aufgeschlagenen Foliant. Der Mann dreht sich zu uns um. Sein Gesicht ist verschleiert und er murmelt etwas und uns ist, als hätte die Zeit angehalten. Wir können nichts tun, außer zusehen was dort oben geschieht. Wir hören Sulman „Meister“ aussprechen und sehen wie er sich vor seinem Meister niederkniet. Sulman überreicht dem Unbekannten die beiden Kristallschlüssel und sein Meister steckt sie in passende Vertiefungen in der Säule. Der rote Kristall ergießt sich in den leeren Kristall wie bei einer Sanduhr und das Wabern um den oberen Rubin verschwindet. Der Schwarzgekleidete ergreift den Stern von Selem, dreht sich zu uns um und entfernt seinen Schleier vom Gesicht. Ich traue meinen Augen nicht. Die verkohlte Fratze von Liscom von Fasar starrt uns höhnisch an. Das kann nicht sein – ich habe ihn brennend stürzen sehen!!! Wie ist das nur möglich. Hier sind Mächte am Werk, gegen die wir nichts ausrichten können, schießt es mir in den Kopf. Er befiehlt Sulman uns zu töten und nutzt seine Magie um zu verschwinden. Wir haben versagt! Wir sind gescheitert! Alles war umsonst! Sulman kommt langsam die Treppe runter, entschlossen seinen Befehl zufriedenstellend auszuführen und wirbelt seinen Stab in Form eines Pentagramms um sich herum und eine grünliche dämonische Wolke bildet sich um ihn herum. Die Meisten von uns schrecken angsterfüllt zurück, doch Ardo spricht wieder zu Rondra und schreitet ihm mutig entgegen. Auch Kaldrim reißt sich zusammen und wirft einen Stein, der die Wolke durchquert und Sulman unerwartet hart am Kopf trifft. Als wir erkennen, dass der Dämon seinerseits nicht angreift können wir nach und nach unseren Mut wiederfinden und greifen an. Korvo bleibt bei Puspereiken, der immer noch auf dem Boden liegt. Ich verliere kurzzeitig das Gleichgewicht und stürze vom Treppenansatz, doch als ich mich wieder aufrappel und zu Sulman schaue, bekomme ich panische Angst vor ihm. Es ist mir unmöglich mich ihm wieder zuzuwenden und ich kann nur zusehen wie Ardo immer mehr zu kämpfen hat und auch ihn verlassen langsam seine Kräfte. Eine Flammenlanze schießt auf ihn zu und verbrennt ihn aufs Übelste, doch er steht noch immer und langsam drängt sich in mir der Gedanke auf, dass Rondra seiner wirklich gnädig gestimmt sein muss, wenn sie ihren Recken so unterstützt. Doch auch Sulman ist hart angeschlagen und bevor wir ihn tatsächlich töten können, verschwindet auch er mittels seiner Magie. Ardo bricht zusammen und ich versuche soweit es mir möglich ist, seine Wunden zu verarzten. Dabei schaue ich ihn bewundernd an und sage nur „Rondra muss dir sehr gewogen sein!“

Ein Blick nach draußen sagt mir, dass wir uns wohl in den Echsensümpfen befinden. Es ist sumpfig, feuchtwarm und dschungelartig wie auf Maraskan. In Anbetracht unserer Verfassung ruhen wir uns erst mal aus und fallen nacheinander in tiefen Schlaf.