Montag, 20. Juli 2015

Altaïa

22. Hesinde 1019 BF

Wir besprechen mit dem Schiff nach Altoum zu reisen, doch insgeheim, wissen wir alle, dass die Reise uns viel zu viel Zeit kosten würde und wir beschließen erneut Kaldrim zu täuschen. Dschafar kümmert sich darum und als er des Morgens mit Kaldrim seinen Haferbrei frühstückt, fällt dieser erneut in den Schlaf und direkt in die Schüssel. Da Dschafar ihn nicht alleine bewegen kann, lässt er mich von Sklaven rufen, die selbstverständlich nicht wissen, wo sich die Sphäre befindet. Da hat er sich ja die Richtige rausgesucht mit nur einem Arm ! Mit vereinten Kräften schaffen wir den schweren Zwerg in die Akademiekatakomben und als die anderen auch schlußendlich eintreffen, kann es los gehen. Ich wische Kaldrim noch mit seinem eigenen Hemdärmel den Hafer aus dem Bart, der sonst wohl niemals mehr rauszuwaschen wäre und Isonzo ist seinem Herren so gnädig und zaubert ihm das Hemd zumindest dem Anschein nach wieder sauber.

Die Reise ist sehr turbulent, viel heftiger als sonst, so dass Zhurlan wirklich Schwierigkeiten hat, sie zu steuern. Die Strömungen im Limbus sind völlig verändert und kurz vor unserer Ankunft werden wir mit einem Ruck aus dem Limbus geschleudert. Doch befinden wir uns nicht auf dem Boden sondern noch hoch über der Insel. Wir erkennen noch eine größere Lichtung inmitten des Dschungels ehe wir völlig durcheinandergewirbelt werden. Die Sphäre strauchelt und stürzt trudelnd in die Tiefe, während wir umher gewürfelt werden wie Bälle. Selbst Kaldrim erwacht, genau in dem Moment als Zhurlan laut ruft „Das werden wir nicht überleben!“ Ich schließe die Augen und vertraue darauf, dass irgendetwas passiert was uns vorm Tode bewahrt. Das kann niemals unser Ende sein! Unser Auftrag ist noch nicht erfüllt, die Götter werden es irgendwie richten! Und als ich schon jegliche Hoffnung aufgegeben habe, bremst die Sphäre plötzlich ab, als wäre sie in Wasser getaucht und schwebt kurz überm Erdboden. Wir sehen Adaque die völlig erschöpft die Arme erhoben hat und uns wohl mit all ihrer Macht abgebremst hat. Dann fallen wir die letzten Meter und die Sphäre zerbricht in tausend Splitter. Wir haben überlebt ! Wir danken Adaque, doch nicht weit von uns ist absolutes Chaos im Gange. Adaque sieht erschöpft aus und berichtet, dass die Expedition angegriffen wird. Wir machen uns ein Bild der Lage und sehen die Ruinen von Altaïa. Hinter einer Mauer scheint die Expedition sich gegen ein furchtbares Monster zur Wehr zu setzen, welches vor der Mauer steht. Was bei den Niederhöllen ist das? Es scheint eine Mischung zu sein aus Drache, Krake und Spinne. Die Geißel Altaïas ist zurückgekehrt! Es ist womöglich die gleiche böse Macht wie vor zwei Jahren. Man sieht Feuerbälle, Feuerlanzen, pure Zerstörung. Die Mauer vor der Expedition hält vieles ab, ist sie wohl magisch verstärkt worden, doch lange werden sie sie nicht mehr halten können. Das Vieh selbst sieht ebenfalls schon sehr mitgenommen aus. Es hat unzählige Brandwunden, bereits verlorene Gliedmaßen und Wunden, doch der Drachenschlund spuckt noch immer Feuer. Zwischen uns entbrennt eine Diskussion wie wir am Besten vorgehen und nach einer Weile gehe ich über eine kleine Brücke über einen Flusslauf hinüber um erst einmal herauszufinden mit was wir es genau zu tun haben. Ragnar und Dschafar folgen mir.

Es ist in der Tat ein Drache, jedoch hat er Spinnenzangen unter seinem Kiefer und acht Spinnenbeine unter seinem Körper, wovon er nur mit dreien noch steht. Seine Flügel sind bereits zerfetzt und aus seinem Hals drängen fünf Schritt lange Tentakel hervor alles zu zermalmen was sie fassen können.

Ich kehre um um zu berichten, doch anstatt dass Dschafar und Ragnar mir folgen, verschanzen sie sich in einem der Gebäude und kaum dass ich wieder in unserer Deckung bin, dreht sich das Vieh plötzlich um. Ich beschließe mit Hurdo das Monster hinterrücks anzugreifen und eile mit ihm über eine andere Brücke ungeachtet der anderen. Ich sehe wie die Chimäre plötzlich wutentbrannt das Gebäude neben den Magiern in Schutt und Asche legt, doch immer wieder windet es sich scheinbar vor Schmerzen. Was tun die beiden? Plötzlich erscheint ein Heer von Praioten am Waldrand und stürmt auf den Drachen zu, doch mit einem einzigen Feuerstoß löst sich das Heer wieder in Nichts auf. Wir haben es fast erreicht, da sehe ich auf einmal einen Dolch fliegen und die Chimäre dreht sich ein weiteres Stück um und schaut direkt Kaldrim an. Dieser, unfähig sich zu bewegen, starrt angsterfüllt zurück. Bei den Göttern, Kaldrim, was hast du dir dabei gedacht!? ,geht es mir durch den Kopf und wir sehen schockiert wie sich ein Feuerball im Rachen des Monstrums bildet, doch plötzlich schießt ein riesiger Falke vom Himmel und verhindert den Angriff. Schwer verletzt und wimmernd liegt die Chimäre am Boden. Kaldrim lebt! Der Falke landet und redet mit Kaldrim und auf einmal wird er kleiner und kleiner und schlüpft unter Kaldrims Kleidung. Sein Seelentier ist zurück!

Das Monster ist seinem Ende nah und man kann aus der Nähe erkennen, dass es weint. Ein Rauschen erklingt aus dem Dschungel und plötzlich kommt ein riesiger Purpurwurm angeflogen und setzt sich zu dem verletzten Tier. „Lasst mein Kind in Würde sterben“ spricht der Respekt einflößende Drache und mit einem Biss in den Nacken tötet die Drachenmutter ihr Junges. Sie bricht den Schädel ihres Kindes auf und holt den Karfunkelstein heraus. Silbrige Fäden umwabern den Stein und formen ihn zu einer Flöte. Sie übergibt die Flöte an Kaldrim und sollten wir je ihre Hilfe benötigen, so könnten wir darauf spielen und sie käme uns zu Hilfe. Dann erhebt sich der Drache und fliegt davon.

Als ein Streit über die Reste der Chimäre entbrennt, entferne ich mich und als Dschafar an mir vorüber geht auf den Wald zu, folge ich ihm und wir gelangen an die Stelle, an der die Drachenmutter wohl mit angesehen hat wie ihr Junges litt. Ihre Fußspuren sind deutlich zu erkennen, ebenso wie ein Tränensee.
Als wir zurückkehren, streiten die anderen immernoch über die Schändung des Drachenleichnams. Dschafar hingegen will gleich unserem Auftrag weiter folgen, doch Adaque ist erstmal am Ende ihrer Kräfte und trauert um ihre Gefährten. Ich gebe ihr ein paar tröstende Worte, entferne mich und setze mich auf die Brüstung der Brücke und lass die Füße baumeln.

Was wir in den letzten Stunden erlebt haben muss erstmal verdaut werden. Erst der fast unumgängliche Todessturz, dann eine Drachenmutter, dessen Mutter mit ansehen musste wie ihr Kind pervertiert und zu Tode gemetzelt wurde. Doch wieder gelingt mir keine wirkliche Trauer. Hurdo und Ragnar gesellen sich ebenfalls zu mir, doch allzuviel Worte werden nicht gewechselt. Dschafar und Kaldrim suchen den Hesindetempel auf, können jedoch nichts außer Ruinen vorfinden. Währenddessen holt sich Ragnar doch noch ein Drachenhorn und Isonzo sammelt mit seinem Wasserschlauch Drachentränen ein.

Ragnar berichtet, dass er mit seinem Auge eine magische Spur entdeckt hat und nachdem alle wieder beisammen sind folgen wir der Spur. Die Präsenz ist noch immer vorhanden, trotz dass das Vieh nicht mehr am Leben ist und je weiter wir ins Gebirge kommen, desto stärker wird sie. Wir gelangen an eine sonnige Lichtung mit einem kleinen Lager und in einer Felswand ist eine Basaltkuppel eingelassen. Das restliche Gestein der Umgebung ist eher rosafarben. Es sieht aus wie Jade. Die Hütten, von Pflanzen überwuchert, scheinen ebenfalls aus Basalt zu sein. Wir bemerken, dass der Wald hier um uns herum völlig pervertiert ist und tot krank. Ein Kreis aus Totenpfählen umsäumt die Lichtung. Ein riesiger Wassertank steht inmitten des Lagers und langsam nähern wir uns einem rosafarbenen Felsplateau. Auf dem Plateau sind drei Heptagramme eingelassen, an denen dicke Eisenketten befestigt sind. Sicherlich drei Dutzend Menschenskelette liegen auf einem Haufen in der Mitte. Offensichtlich der Ritualplatz zur Erschaffung der Chimäre. Ragnar wird schlecht und auch ich fühle mich unwohl. Mein Armstumpf fängt an zu kribbeln und zu spannen und schleunigst verlasse ich diese Lichtung. Dschafar bricht plötzlich zusammen. Kaldrim packt den Tulamiden und es fällt ihm wahrlich leicht. Von Weitem erkennen Hurdo, Isonzo und ich, dass Kaldrim gewachsen ist und auch Ragnar wird von Kaldrim unterstützt, die Lichtung zu verlassen. Hier ist nichts, wie es sein soll und nachdem wir den pervertierten Platz verlassen haben, ist alles wieder beim Alten. Kaldrim ist wieder geschrumpft und auch Ragnar und Dschafar fühlen sich wieder gut. Wir gehen zurück nach Altaïa und mittlerweile wurden die Toten bestattet und ein Grabsegen gesprochen.

Der alte Herzogspalast steht noch und Dschafar und Ragnar begeben sich dort zur Ruhe. Kaldrim und ich suchen die Leute der Expedition auf und essen, trinken und reden ein wenig mit den Magiern. Kaldrim berichtet Adaque was wir gefunden haben und wir erfahren, dass die Expedition mit dem Schiff hier ankam. Das Orakel auf der Insel sei zerstört, ebenso der Hesindetempel und plötzlich sei die Chimäre aufgetaucht und habe sie angegriffen. Die Chimäre sei wohl auch der Grund für den Aufruhr im Limbus, denn es sei sicherlich die größte Chimäre, die es je gegeben hat.

Zur Nachtruhe begebe ich mich ebenfalls in den Palast.