Freitag, 17. Juli 2015

Baliho

22. Ingerimm 1015 BF

Es ist ein schöner warmer Sommermorgen als ich in Baliho ankomme. Es ist erstaunlich viel los für solch einen Ort. Ich reite gerade durch die südlichen Gassen und suche nach einem Gasthaus, als ich von weitem eine tiefe Stimme grölen höre, die meinen Namen ruft. Ehe ich mich versehe, packt mich ein großer glatzköpfiger Mann und hievt mich einfach vom Pferd. Ich erinnere mich schwach an ihn und plötzlich fällt es mir wieder ein. Ugdalf, der Bär, von den `da Merinals` umarmt mich freudestrahlend, dass ich kaum noch Luft bekomme. Ich erfahre, dass die ganze Familie hier auf einer Warenschau zu Gast ist und werde auf die Festwiese eingeladen. Mein Problem mit der Unterkunft hat sich somit erübrigt. Mit überschwänglicher Freude werde ich begrüßt und es wird erst mal ein großes Wiedersehen mit Schnaps begossen. Es ist schön all ihre fröhlichen Gesichter zu sehen. Acht Götterläufe ist es her, dass ich Colon aus der Gor rettete und wenn ich ihn anschaue, wie glücklich und fröhlich er nun ist, wird mir ganz warm ums Herz. Ich habe etwas sehr Gutes bewirkt. Auch wenn ich selbst einen körperlichen Verlust erlitt, so war es doch richtig gewesen, nicht aufzugeben und ich danke Rondra für die Kraft, die sie mir damals zu Teil werden ließ. Colon hat mittlerweile Shira geheiratet und sie haben eine dreijährige Tochter. Ich schaue in die Runde und genieße die Lebensfreude, die von all diesen Menschen ausgeht. Auf einmal kommt eine wunderschöne Tulamidin aus einem der Wägen. Sie ist mir unbekannt, aber mir wird erzählt, dass sie eine Sharisad sei und heute Abend im Nordstern auftritt. Das will ich mir nicht entgehen lassen. Als sich Ugdalf raus zur Bühne begibt, um eine seiner Kraftauftritte hinzulegen, nehme ich Colons kleines Töchterchen auf den Arm und begebe mich ebenfalls vor die Bühne. Auf einmal tippt mich jemand von hinten an und als ich mich umwende, steht Kaldrim vor mir. Also ist es so, wie ich vermutet hatte. Wir wurden alle gerufen, doch Ragnar oder Ardo haben wir beide noch nicht gesehen. Ich erzähle Kaldrim von der Sharisad und als Ugdalf seine Vorstellung beendet hat, wird Kaldrim mit zu den Gauklern eingeladen. Kaum, dass wir den abgesperrten Bereich betreten, ertönt hinter uns eine Stimme die scheinbar ungeladene Gäste davon abhalten will uns zu folgen, doch ehe ich mich umdrehe, vernehme ich schon Ardos tiefe Stimme und ein Lächeln drängt sich mir auf. Ardo und Ragnar stehen am Eingang und ich winke sofort ab, dass sie zu mir gehören. Ugdalf schaut mich verwundert an, wie viele ich denn noch im Schlepptau hätte, aber nachdem wir alle vier nun wieder beisammen sind, werden sie natürlich auch herzlich aufgenommen. Meine Freunde sind auch ihre Freunde, bestätigen mir die Gaukler und wir werden alle zum Essen und Trinken eingeladen und bekommen sogar Freikarten für den abendlich Auftritt der Sharisad.

Als wir unter uns sind, besprechen wir grob, was bisher geschehen ist und sind uns einig schon jetzt den Travia-Tempel aufzusuchen.

Wir verlassen das Festgelände und werden plötzlich von zwei ziemlich zwielichtigen Gestalten aufgehalten. Wir werden aufgefordert mit ihnen zu kommen im Auftrag der KGIA und er zeigt uns sogar ein offizielles Schreiben, dass ein Delian von Wiedbrück unsere Anwesenheit verlangt. Wir folgen wiederwillig in eine schummrige Taverne und werden aufgefordert zu warten. Während dessen geht auf einmal die Tür auf und die ganze Schänke verstummt. Ein Mann mit schwarzem Schlapphut, langem Mantel und einer Peitsche betritt den Raum und schaut sich suchend um. Als sich einer der Gäste erhebt und sich heimlich davonstehlen will, schwingt sich plötzlich der Peitschenstrang um dessen Kehle und der Mantelträger fordert ihn ein letztes Mal auf seine Schulden von 47 Dukaten bis abends zu bezahlen. Der leicht Gewürgte antwortet nur gequält, dass er das Geld nicht habe, und er nennt seinen Peiniger Meister Boswitz. Dann lässt dieser ihn wieder los und verschwindet. Eine schaurige Szene. Vor dem Peitschenschwinger sollte man sich hier wohl in Acht nehmen.

Kurz danach werden wir in eine Kammer gerufen. Ein Mann, Mitte dreißig mit aschblondem Haar, sitzt hinter einem Schreibtisch. Sitzgelegenheiten gibt es keine und als er soweit ist, befragt er uns über Sulman al Venish und will wissen warum wir hier sind, da die KGIA der Meinung ist, dass wir den Schwarzmagier verfolgen. Wir erfahren, dass Sulman sich in Weiden befindet und mir fährt der Schreck in die Glieder. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Als wir ihm deutlich machen können, dass wir davon nichts wussten und auf wessen Wunsch wir hier sind, entlässt er uns.

Wir machen uns auf den Weg zum Travia-Tempel und kommen gerade zur Armenspeisung dort an. Als ich vorschlage zu warten, fällt Ardo gleich göttergefällig ins Wort, dass wir lieber helfen sollten, anstatt tatenlos zuzusehen und wir packen mit an. Nachdem die Armen versorgt sind, begegnen wir Mutter Linai, der Tempelvorsteherin und wir erfahren, dass die Praioten außerhalb der Stadt ihren Konvent haben, zu dem sie uns am 24. Ingerimm bringen soll. Ebenso erhält jeder von uns Geld für die Reiseumstände die uns hierher brachten. Wir verabreden uns alle für den Abend und ich begleite Mutter Linai noch zurück auf das Festgelände, da sie das Wetttrinken begleitet und ich zurück zu den `da Merinals` möchte.

Am Abend treffen wir uns rausgeputzt im `Nordstern` wieder. Ein beeindruckendes Gebäude, angeblich ein alter Efferdtempel. Es hat eine Kuppel aus blauem Butzenglas und besteht größtenteils aus weißem Marmor. Die zwei Wachen an der Tür begutachten die Eintrittskarten und lassen uns eintreten, allerdings müssen wir Lang-Waffen und Mäntel am Eingang abgeben. Drinnen erwartet uns ein riesiger Saal mit einer hölzernen Empore. Überall stehen Tische an denen gespielt und getrunken wird und auf einer kleinen Bühne singt derzeit eine nicht allzu stimmgewaltige Truppe. Mutter Linai begrüßt uns, leicht angetrunken, und führt uns an ihren Tisch. Die gute Lebefrau hat schon einiges über den Durst getrunken, aber sie ist eine sehr lustige Tischgenossin, die weiß was feiern heißt.

Kaldrim hat mir ein Geschenk mitgebracht und ich öffne es ganz überrascht. Sein tulamidisches Tuch, das er sich in Mherwed gekauft hat, befindet sich darin und er hat es mit Kusliker Ornamenten besticken lassen. Welch außerordentlich nette Geste und ich freue mich von Herzen. Als Kaldrim eine Zwergendame hinter dem Tresen entdeckt, ist es wohl um ihn geschehen, denn er versucht den ganzen Abend diese Frau für sich zu gewinnen, doch wie es scheint ist sie verheiratet und ich verliere meine Wette gegen Ardo, ob er sie bekommt oder nicht.

An zwei verschiedenen Tischen sitzen zwei feiste edel Gekleidete, die von einigen Leuten umringt sind, die ihnen Honig ums Maul schmieren. Als wir uns bei Linai erkundigen, erfahren wir, dass die beiden die reichsten Rinderbarone der Gegend sind, was einiges erklärt.

Dann tritt endlich die Sharisad auf. Das Licht wird verdunkelt, tulamidische Klänge verzaubern die Anwesenden und die fast unverhüllte Sharisad zaubert uns tanzend in ihren Bann. Plötzlich steht Linai volltrunken auf, fest der Ansicht, sie könne sowas ebenfalls, doch plötzlich erstarrt sie regungslos. Ihre Augen starren ins Leere, sie reagiert auf nichts. Sie wird rot und auf ihrer Haut bilden sich regelrecht Brandblasen. Ihre Kleidung ist nassgeschwitzt und sie selbst ist glühend heiß. Plötzlich bricht sie wieder in sich zusammen und fällt rücklings zurück auf ihren Stuhl. Die Haut wird wieder normal und wir bringen sie eiligst nach draußen. Sie erklärt uns, dass sie die göttliche Gabe der Verständigung besitzt und in Dragenfeld eine Tsageweihte verbrannt wurde, mehr könne sie augenblicklich nicht sagen. Sie müsse sich erst sammeln und möchte nach Hause. Wir bringen sie gemeinsam zurück und nach einem kleinen Streitgespräch mit Kaldrim, der behauptet ich sei an allem Schuld, denn immer wo ich bin, gäbe es Ärger, verlasse ich die Gruppe ebenfalls und betrinke mich den Rest des Abends bei den Gauklern. Ich danke Rondra für meine Seelenstärke, vor einigen Jahren hätte ich mir darüber noch den Kopf zerbrochen, ob es tatsächlich meine Schuld wäre oder ob ich verflucht bin, doch mittlerweile bin ich gefestigt und nur verärgert über diese lächerlichen Behauptungen dieses Zwerges. Irgendwann falle ich volltrunken in tiefen traumlosen Schlaf.