Sonntag, 19. Juli 2015

Das Kloster Arras de Mott

6. Rondra 1017 BF

Endlich erreichen wir das Kloster. Wir befinden uns in einem Talkessel von sicherlich zwei Meilen Durchmesser. Und ich hatte recht. Von schöner Aussicht kann man hier nicht reden. Siegessicher grinse ich Kaldrim zu, doch er scheint es nicht zu bemerken. Das ganze Tal hinterlässt einen tristen Eindruck. Wir erkennen von weitem verkokelte Dorfreste, ein Zeltlager und eine riesige Baustelle voller Gerüsten und Handwerkern. Ein wenig abseits ist eine düstere Hügelkuppe zu sehen. Auch sonst nur spärlicher Bewuchs, nur rundherum große Felsen. Alles in allem ein eher abweisender Eindruck.

Als wir am Kloster ankommen, erwartet uns erst einmal ein ziemlich heruntergekommenes Anwesen. Die Wehrmauer ist teilweise eingestürzt, Gebäude liegen in Schutt und Asche und es herrscht reges Treiben der Bauleute. Ein Pferdestall existiert nicht mehr und so binden wir die Pferde neben einem Kleintierstall an und Novizin Larissa kümmert sich sofort um die Tiere. Arthak schicken wir mit der Schreinerin Andra mit, da er sich gut aufs Schnitzen versteht. Hüter Emmeran führt uns erst einmal zu unserem neuen Heim, eine alte Braustube, in der die Decke mit Balken abgestützt wird, aber das Gebäude steht uns wenigstens allein zur Verfügung. Schnell lässt er ein paar Rattenfallen verschwinden und führt uns weiter herum. Wenigstens bekommen wir ein paar Feldbetten, die wir selbst in unser Quartier bringen. Danach zeigt uns Hüter Emmeran noch das weitere Anwesen und wir bekommen einen Eindruck von der Verwüstung der Orks. Jegliche Bäume wurden gefällt und der Kloster- wie auch der Kräutergarten sind voller neuer Pflanzen und Findlingen. Im Haupttrakt gibt es eine kleine Kapelle, die derzeit den Andachten dient, bis das neue Tempelgebäude fertig gestellt ist. Im Haupttempel selbst, laufen die Arbeiten derweil auf Hochtouren. Eine beachtliche Kuppeldecke ist gerade im Aufbau aus Mondstein und Mondsilber, durch die später das Sonnenlicht ein wunderschönes Lichtermeer entstehen lassen soll. Die Bildnisse auf der Kuppel zeigen die elf göttlichen Geschwister schön in Szene gesetzt. Die Mitte ist noch nicht ganz fertig, doch lässt es schon jetzt das Sonnenbildnis des Götterfürsten erahnen. Der Zwerg Yandrim ist hier der Baumeister und ist scheinbar sehr gestresst, denn eine freundliche Begrüßung Kaldrims erwidert er recht patzig und unwirsch. Die Krypta unter dem Tempelgebäude ist verschlossen und wir bekommen vorerst auch keinen Zutritt, allerdings wird Pilgern der Zugang gewährt, was uns ein wenig verärgert.

Nach dem Tempel führt uns Emmeran zum beeindruckenden Bergfried. Hinter sehr dicken Mauern betreten wir erst die Küche und das Kaminzimmer, ehe er uns nach oben ins Scriptorium führt. Scriptenmeister Bormund schaut kurz auf, verzieht unliebsam das Gesicht und beachtet uns nicht weiter, während Emmeran uns erklärt, dass sich über uns die verbotene Bibliothek befindet, in die, außer wenigen Hütern, keiner Zutritt hat. Auf dem Weg zurück zu unserem Quartier werden wir von Bruder Tobur, dem Scriptor aufgehalten, der uns den hiesigen Tagesplan aushändigt und uns der Klosterregeln belehrt. Er gibt uns im Auftrag von Hüter Bormund ein Schriftstück in dem alle Regeln des Klosters und des Herren Praios stehen. Es ist schon fast ein ganzes Buch, einschließlich der Bestrafungen, die jegliche Verletzung der Regeln nach sich ziehen.
Auf Fragen die die Umstände betreffen, weshalb wir hier sind, bekommen wir zur Antwort, dass wir nach dem Abendmahl eine Unterredung mit Nicola de Mott haben werden.

Ich gehe mich waschen, klopfe ein wenig den Dreck aus meiner Kleidung und bin pünktlich zur Abendandacht in der Kapelle. Eine junge Novizin sitzt neben mir und beschreibt mir viele der Anwesenden. Danach gehen wir gemeinsam zum Abendmahl und es wird Brot und Ziegenkäse aufgetischt. Ich greife beherzt zu, doch höre ich sofort ein giftiges Zischen und lasse vor Schreck das Brot auf meinen Teller fallen. Erst lauschen alle dem Tischgebet, bis danach der Klostervorsteher Nicola de Mott zugreift, ehe es die anderen ihm gleich tun. Keiner spricht ein Wort und so essen wir schweigsam, bis auf die Blicke die wir drei uns zuwerfen.

Nach dem Essen folgen wir Nicola, doch wir werden von Hüter Bormund abgefangen und er bittet uns ihm zu folgen. Wir folgen ihm ins Kaminzimmer des Bergfrieds und treffen den Hohen Lehrmeister nicht alleine an. Der Bibliothekar Quanion, Baumeister Yandrim und natürlich Hüter Bormund, der ebenso die rechte Hand von Nicola ist, sind ebenso zugegen. Mit rauchiger Stimme fängt de Mott an zu sprechen und fragt nach unseren Namen und unserem Glauben. Nachdem er uns skeptisch beäugt hat, drängt er Ragnar zur Einhaltung der Gesetze, dass er sich hier, außer im Notfall, nicht der Magie bedienen darf, doch als Ragnar eine genaue schriftliche Beschreibung eines solchen Notfalls will, funkt Hüter Bormund dazwischen. Offensichtlich ist er ganz und gar nicht begeistert, dass wir hier sind. Er hätte lieber die Bannstrahler hier, als ein paar dahergelaufene Abenteurer. Nicola beruhigt ihn und fährt fort.
Im Laufe des Gesprächs erfahren wir, dass seit ca. 1-2 Wochen immer wieder Unfälle auf der Baustelle passieren. Am 4. Rondra stürzte ein Dachdecker in die Tiefe und starb, nachdem er irgendwelche Gespinste sah und auf dem Gerüst begann wild rumzufuchteln, bevor er den Halt verlor. Einen Tag darauf seien aus dem Kräutergarten alle Thonnysblüten gestohlen worden. Als Nicola von seiner Reise aus Gareth zurückkam, wurde er von unbekannten Strauchdieben überfallen, die seine geweihten Begleiter töteten und er kam nur dank den Zwergen knapp mit dem Leben davon. Allerdings war das schon an den namenlosen Tagen. Und wer reist ist der Zeit schon durch den Finsterkamm. Kurz vor seiner Rückkehr sei auch noch der Altar der Kapelle mit Blut besudelt und entweiht worden. Alles in allem gehe hier irgendetwas Furchtbares vor sich und er bittet uns um Schutz und Nachforschungen, wie auch Nachtwachen.
Wir bitten ihn noch um weitgehende Befugnisse, was das Betreten unbefugter Räume angeht, was kein Problem sein soll unter Aufsicht. Nur die Bibliothek dürfen wir selbstverständlich nicht betreten.

Als wir uns zur Nachtruhe begeben, fällt Kaldrim plötzlich ein, dass er heute Tsafest hat und wir müssen lachen. Leider ist ihm das recht spät eingefallen, doch nichts desto trotz gratulieren wir ihm, teilen die Nachtwachen ein und versuchen zu schlafen. Als ich mich zur Seite drehe und zu Ragnar schaue muss ich schmunzeln. Er hat sich tatsächlich 2 Feldbetten hintereinander gestellt, damit er sich ausstrecken kann. Ich drehe mich auf die andere Seite, schicke ein kurzes stilles Gebet zu Rondra, dass sie mir die Kraft gibt, unter den wachen Augen des Götterfürsten zu bestehen und ich nicht zu sehr fehl gehen möge.