Montag, 20. Juli 2015

Der Diskus von Boran

10. Praios 1019 BF

Am nächsten Morgen rasiere ich Ardo noch den Schädel, da sich die Haarfarbe nicht entfernen lässt und danach reisen wir weiter nach Osten und kommen immer näher an die Marasankette. Ich gehe als letzte und bemerke einen Achaz im Gebüsch, doch als ich ein weiteres Mal hinblicke, ist er verschwunden. Ich behalte es vorerst für mich und wir gehen vorsichtig weiter nach Osten. Gegen Abend suchen wir uns ein Nachtlager in den Bäumen und ich halte Wache. Plötzlich höre ich ein Surren und ein Armbrustbolzen schlägt knapp neben meinem Kopf ein. Ich schreie auf und versuche mich hinter dem Stamm zu verstecken, als ein weiterer Bolzen einschlägt aus einer anderen Richtung. Wir versuchen nach unten zu klettern, doch immer wieder kommen aus verschiedenen Richtungen Bolzen angeflogen, wir sind offenbar eingekreist. Wir versuchen in Deckung zu gehen, doch ist das leichter gesagt als getan mitten im Dschungel im Dunkeln. Ich werfe mich flach auf den Boden, krame die Binde der Wipfeltiger aus dem Rucksack und stehe mit erhobenen Händen auf um mich zu ergeben, doch wieder wird auf mich geschossen und nun hören wir auch noch scharfe Diskusscheiben durch den Wald fliegen. Als ich Marech frage, mit wem wir es zu tun haben, sagt er nur angsterfüllt „Diskus von Boran“, der gefürchtete Rebellenstamm! Wir sind schutzlos ausgeliefert. Ich stehe kurz davor panikartig und blind in den Dschungel zu laufen, als wir plötzlich noch mehr Diskusse fliegen hören, Aufschreie und Kampfgeräusche und jemand packt uns und zerrt uns mit. Sagten nicht die Geschwisterpriester, die Haranidad werden uns finden, ehe wir sie finden ?!

Eine Frau, wohl die Anführerin gibt einige Befehle und wir werden mitgezerrt bis wir an eine mondbeschienene Lichtung kommen, auf der einige Hütten stehen und in der Mitte ein Lagerfeuer brennt. Daneben liegt eine von Stichen übersäte Leiche. Sie ist über und über mit weißen Blüten bedeckt und ein Mann daneben brüllt dem Toten immer wieder Ratschläge zu, die er in Zukunft beherzigen soll. Ein maraskanischer Totenritus, wie ich ihn damals schon erlebte.

Wir werden zu einer Hütte gebracht und man versorgt unsere Wunden. Ardo ist jenseits seiner Schmerzgrenze und liegt vom Bolzengift gelähmt auf einer Pritsche, doch man kümmert sich um ihn.

Die Anführerin stellt sich als Alvijida vor. Es sind tatsächlich die Haranidad und nach einigen Wortwechseln verschwindet sie kurz und kommt wieder, dass wir den Haran sprechen dürfen. Man führt Kaldrim, Ragnar und mich aus dem Lager hinaus in den Dschungel und nach kurzer Zeit erreichen wir eine gut versteckte Bodenklappe, die einen Höhleneingang abdeckt. Wir werden nach unten geführt. Die Dunkelheit wird von Leuchtkäfern und anderen natürlichen Leuchtmitteln erhellt und hier unten ist es deutlich kühler und trockener als oben im Dschungel. An den Wänden hängen Umgebungskarten.
Wir erreichen einen großen Raum in dem ein großer, sehr übergewichtiger, stark schwitzender Mann steht und uns erwartungsvoll anstarrt. Er stellt sich als der Haran vor und wir berichten ihm vorsichtig, weshalb wir hier sind, immer darauf bedacht, nicht zu viel preis zugeben, sondern eher nach Antworten zu suchen. Ich bin mir unsicher, inwieweit Ardo mit diesem Mann zu tun hatte und wie viel wir ihm sagen können. Als wir von Ardo berichten, erhellt sich seine Miene und er wird freundlicher.

Als wir nach dem Toten am Feuer fragen, erzählt uns Haran, dass vor einiger Zeit eine maraskanische Hexe im Dorf war und sie aufforderte „ihr“ Gebiet zu verlassen. Laranya Schwarzklinge, eine Rächerin Lykorias, wurde von ihnen festgesetzt, doch konnte sie entkommen. Sie trug eine große Spinnentätowierung im Gesicht und kurze Zeit nach ihrem Verschwinden, tauchte plötzlich immer wieder eine fassgroße Spinne auf, die schon einige Male Opfer forderte. Seitdem versucht man das Gebiet zu meiden.

Als wir nach Puspereiken fragen, erfahren wir, dass er nicht weit von hier lebt und eine zweckdienliche freundliche Verbindung zwischen ihnen besteht. Auf meine Bitte hin, wird uns ein Führer angeboten, der uns zu ihm bringen kann. Doch vorerst müssen wir uns ausruhen.

Wir bekommen im Höhlensystem ein Lager zugewiesen und man bringt auch Ardo hinunter. Er sieht furchtbar aus. Kahlgeschoren, der bunten Haare wegen; blutverkrustet vom Kampf mit der Drachengarde und dem Diskus, gelähmt von deren Bolzen. Maraskan fordert seinen Tribut. Dank der Hilfe, die wir bisher überall erhielten, hatten wir bisher großes Glück. Selbst Kaldrim mit seiner Trichterwinde, doch auch er sieht ziemlich mitgenommen aus. Ragnar und ich sehen noch recht frisch aus im Gegensatz zu den beiden. Ich versuche zu schlafen und dank der Ruhe hier unten und unserer Erschöpfung gelingt mir das auch rasch.