Sonntag, 19. Juli 2015

Ein Gespräch unter vier Augen

8./9. Rondra 1017 BF

Ardo und ich beschließen, nach Osten zu reiten, da sowohl die Orks, als auch die Krähen von dort kamen. Es nieselt wieder einmal. Es ist seltsam so schweigend in den Finsterkamm zu reiten, nur mit ihm. Jetzt wo ich die Gelegenheit hätte mit ihm alleine zu reden, schweige ich, ich will ihn nicht mit meinen Gedanken belasten. Aber es beruhigt mich ihn in meiner Nähe zu wissen. Wir müssen uns auf das Kloster konzentrieren und angestrengt versuchen wir soweit wie möglich den Spuren zu folgen. Der Regen wird immer stärker und als wir sie verlieren, reiten wir einfach weiter nach Osten, auch wenn es immer dunkler wird. Ardo entzündet eine Laterne und reitet voraus, als wir kurz einen kleinen Lichtschein wahrnehmen und unsere Laterne löschen. Doch es war nur eine kurze Erscheinung. Wir steigen ab und lauschen, doch nichts ist zu hören, außer ein einziges Mal ein leicht metallischer Klang, den ich nicht deuten kann. Es ist stockfinster. Ardo zieht sein Schwert, ruft fordernd in die Nacht hinein und zündet seine Laterne wieder an. Wir gehen zu Fuß weiter und finden einen Höhleneingang. Als ich Ardo darauf aufmerksam mache, dass wir nur zu zweit sind, meint er nur, dass wir zu dritt sind, da die Herrin Rondra mit uns ist. Ich verdrehe die Augen, sein Gottvertrauen hat er nicht verloren und doch fühle ich mich ein klein wenig mutiger. Zuversichtlich betreten wir die Höhle, als ein kleiner alter Greis aus dem Dunkel mit einem Holzknüppel schreiend auf Ardo zustürmt. Er kann den Schlag einfach abfangen, so kraftlos ist der Alte und mit einem kleinen Gegenhieb, bricht der Greis erstmal seinerseits ohnmächtig zusammen. Wir ziehen ihn an das kleine Lagerfeuer in der Höhle und schauen uns um. Die Höhle ist voller Bücher verbotener Schriften und ein seltsames Szepter, teilweise aus Mondsilber, liegt ebenfalls dabei. Der alte Greis trägt eine alte verschlissene Mönchskutte und ist völlig ausgemergelt. Bei den Zwölfen, wie lange lebt er schon hier oben?

Als der Alte aufwacht, erfahren wir, dass Hüter Rochus beim Orkensturm diese Bücher und das Szepter von Arras de Mott in Sicherheit brachte und fliehen konnte. Er kann kaum glauben, dass die Orks vertrieben sind. Bei Rondra, der Alte lebt schon seit rund fünf Götterläufen hier.
Ich hole noch Proviant von den Pferden und der Alte genießt seit langem mal wieder den Geschmack von Brot. Als er sich satt gegessen hat, schläft er seelenruhig ein. Wir schauen uns die Bücher genauer an und wir finden ein paar interessante Schriften. Hüter Rochus selbst verfasste vor zehn Götterläufen ein Traktat zur Lehre und dem Wirken des Arras de Mott, das die Bedeutung des Namens auseinandernahm. Woher der Name Arras kommt und dass er soviel wieWächter oder Hüter bedeuten kann, doch genauso so kann er wohl auch Geheimnis bedeuten. De Mott ist noch verwirrender, da der Name sowohl für Sterblichkeit, Tod oder Verstorbener steht, wie auch in anderen Gegenden fürErdscholle, weit im Süden steht das Wort ebenfalls für Wahrer oder Geheimnis. Arras de Mott könnte also sowohl Hüter der Erde, wie auch Hüter des Geheimnisses heißen. Ardo fand eine Schrift zum Szepter, dessen Inschriften und Symbole etwas mit den Elementen zu tun haben. Kurz vor dem seinem Tod habe Arras das Szepter mit ein paar Worten an seinen Nachfolger überreicht, irgendwas mit dem Szepter und dem gerechten Weg, wenn das Madamal wieder im Frevel erscheint oder so ähnlich.

Während Ardo liest, betrachte ich ihn im Flackern des Lagerfeuers, doch schweige ich weiter und mache mir Gedanken über das Kloster und diese Schriften. Als ich Ardo nach seiner Meinung befrage, erzählt er mir, dass Nicolas' Seele völlig leer sei. Ob Nicolas de Mott kein menschliches Wesen ist? Was geschieht mit dem Kloster und wie können wir verhindern, dass Borbarad erneut mit uns spielt?

Nach einer Weile beginnt Ardo ein Gespräch und ich beichte ihm endlich meinen Glaubenskummer. Ich erzähle ihm von meiner Vergangenheit. Endlich habe ich die Gelegenheit auch ihm alles zu erzählen. Ich schaue Ardo kaum in die Augen, aus Angst dass meine Augen zuviel meiner Gefühle verraten. Wir reden noch eine Weile und geraten in Streit, weil er mich rügt für meine weinerliche Opferrolle, aus der ich mich endlich rausziehen soll. Er hat ja keine Ahnung. Ich ziehe mich beleidigt und traurig zurück, wickel meinen Umhang fester um mich und starre in die Dunkelheit des Finsterkamms, während ich meinen Kummer nicht verbergen kann. Erst Ragnar, nun auch Ardo. Kaldrim scheint der einzige zu sein, der Verständnis dafür hat. Nach einer Weile beruhige ich mich wieder und Ardo macht mir klar, dass meine Taten eine Bedeutung haben, dass ich nicht so machtlos bin, wie ich es immer denke, sondern unter Rondras Schutz stehe und sie mir den Weg weist. Wir kommen auch auf Walmir zu sprechen und er erzählt mir, dass Walmir ihn versklavt und auf uns gehetzt hätte, wären die Orkgeister nicht gewesen. Als ich mich wundere warum, erzählt mir Ardo, dass Walmir das Ergebnis seiner Rachsucht und Wut ist, er verlor sich in den Gedanken aus Rache und verlor seine Seele darin. Jeder der sich Walmir in den Weg stellt, ist Teil seiner Rache an der Welt und den Göttern. Ardo erinnert mich an meine eigenen Rachegedanken, doch ist es ein großer Unterschied ob man sich an der ganzen Welt rächen will oder wie ich nur an einer Person. Ich kann Ishar nicht verzeihen für ihren Mord an meiner Mutter. Ebenso denke ich, wenn Rondra mich leitet, so wird sie auch das Gemetzel auf Maraskan gewollt haben. Ardo sieht das anders und fährt mich an, dass sie mir nur den Weg zeigt, und ich mir nicht anmassen soll, meine Taten mit dem Willen Rondras zu rechtfertigen, noch dazu wo ich zu der Zeit schon an ihr zweifelte. Ärger steigt in mir auf, während ich schweigend ins Feuer starre. Seine Aussage hat mich als Lügner oder Verräter abgestempelt. Ich habe zuviel Respekt vor ihm, als dass ich mich weiter mit ihm anlegen will. Doch merke ich im Laufe des ganzen Gesprächs, wie meine Gefühle für ihn langsam schwinden. Was er mir bisher an den Kopf warf, hat mich verletzt. Doch kein Wort des Trostes kam über seine Lippen, sondern nur eiskalte Forderungen. Ich hatte auf ein wenig Mitgefühl gehofft, stattdessen kam nur Rüge und Tadel. Mir fällt es schwer genug den Unterschied zu finden, was nun richtig oder falsch ist. Wie kann man erkennen, was die Götter erwarten? Wann man in ihrem Sinne handelt oder nicht? Wenn sie uns den Weg zeigen, so stehen wir unter ihrem Schutz und meiner Meinung nach lenken sie somit auch unsere Taten. Mir wird das langsam zu hoch. Ich kann nur das tun, was ich für richtig erachte, ob das richtig oder falsch ist, werden wir sehen. Ich wechsel das Thema und frage Ardo, was er weiterhin gedenkt zu tun, wenn wir zurück im Kloster sind. Er will Nicola auf den Zahn fühlen, ansonsten bewahrt er Geduld und wir werden sehen, was weiterhin passiert. Wir unterhalten uns noch ein wenig über unsere Träume und Visionen und wie Ardo zur Geweihtenschaft kam, aber man muss ihm alles aus der Nase ziehen und als er wieder mal eingebildet sich des Rechts bewußt ist, platze ich förmlich und lasse Schimpftiraden über ihn ergehen, bevor ich mich nach draußen flüchte. Bei Rondra, er ist immernoch ein Geweihter, wie kann mich mir anmassen so mit ihm zu sprechen. Als ich zurückkehre, entschuldige ich mich bei ihm und nehme mir vor lieber still zu sein, bevor ich mich weiter um Kopf und Kragen rede. Doch er fragt mich tatsächlich für was ich Trost brauche und in mir zieht sich alles verbittert zusammen. Ich brauche seinen Trost nicht! Nicht mehr! Allein dass er fragen muss, enttäuscht mich zutiefst. Doch er macht mir auch klar, dass ich mir selbst im Wege stehe und meine Kraft und Liebe nur in meinen Zweifeln vergeude, anstatt mir Ziele zu setzen. Wieder einmal hat er Recht und ich hasse ihn fast dafür.