Donnerstag, 16. Juli 2015

Khunchom

15. Rondra 1009 BF

Wir durchschreiten ungehindert das Stadttor und uns begrüsst eine Stadt die wundersamer nicht sein kann. Wir laufen eine prächtige riesige Allee entlang deren Mitte mit Palmen bewachsen ist. Menschenmassen drängen sich in der Stadt. Es herrscht eine grobe Geräuschkulisse allerhand Sprachen. Bunte schrille Gaukler belustigen die Menschen auf den Strassen, mehr Gaukler als ich sonstwo je gesehen habe. Es steht eine drückende stickige Hitze in der Stadt, kaum ein Luftzug in den Gassen. Metallene Kuppeldächer blenden uns in der Sonne. Wir schlendern weiter durch die Strassen voller Leben. An der Nordlandbank wechseln wir unser Geld in Marawedis und machen uns auf die Suche nach einer Unterkunft. Unterwegs kaufen wir noch ein wenig ein und geniessen die wunderschöne Stadt. Immer wieder stehen kleine Menschenansammlungen im Weg, die irgendeinem Kunststück eines Gauklers zusehen und es herrscht immer wieder Gedränge an engeren Passagen. Wir erfahren, dass hier in einigen Tagen das grosse alljährliche Gauklerfest stattfindet. Das erklärt so einiges. Jedoch bekommen wir dadurch auch keine Unterkunft mehr, da sämtliche Gasthäuser Khunchoms belegt sind. Ich schlage vor bei den Gauklern am Feterdhinplatz nach einem Nachtlager zu suchen, sehr zum Leidwesen von Haldan, der mir die ganze Zeit hier sehr nervös erscheint, er bewacht sein Hab und Gut schon sehr enthusiastisch und betrachtet die Gaukler nur argwöhnisch. Er sucht dringend nach dem Praiostempel, den ich ihm ausfindig mache und ihn hinführe. Tarea und ich warten draussen. Der Tempel scheint sehr heruntergekommen zu sein. Als Haldan endlich wieder herauskommt, scheint er erleichtert und möchte tatsächlich ohne grosses Murren mit zu den Gauklern. Ich will garnicht wissen, was ihn nun schon wieder zu seiner Meinungsänderung bewegt hat.

Wir begeben uns zum Feterdhinsplatz und uns erwartet eine grosse Wiese voller Planwagen, wo gefeiert, getanzt und Kunststückchen geübt werden.

Ich trinke mit einem Magus einen süssen schweren Wein, der schnell zu Kopf steigt in dieser Mittagshitze. Der Magus, der deutlich auch schon zuviel über den Durst getrunken hat, entpuppt sich doch tatsächlich als der Akademieleiter der hiesigen Dracheneiakademie. Bei den Göttern, war mir das peinlich, denn ich hielt ihn in Anbetracht der Gaukelei um mich herum doch glatt für einen der Fahrenden und für einen Scharlatan. Aber er hat mir meine Unwissenheit in Anbetracht meiner Herkunft verziehen.

Tarea hat sich in den Tanzreigen eingereiht und gibt sich ausgelassen. Haldan ist auf einmal schon wieder verschwunden, taucht aber wenig später wieder auf und murmelte irgendwas davon, dass er eine Schlafstätte hat. Ich gehe aber mal fast davon aus, dass ich meine Nacht hier am Lagerfeuer verbringen werde.

Ich schaue fasziniert einem Schwerttänzer zu, der anmutig und grazil, aber perfekt präzise seine Bewegungen ausführt. Nach seiner Vorführung unterhalte ich mich mit ihm und er stellt sich als Buka vor. Er ist ein wenig seltsam. Er zeigt keinerlei Gefühlsregungen, scheint jederzeit teilnahmslos und doch scheint er schon viel erlebt zu haben und vieles zu kennen, jedoch weiss er nicht woher, wenn man ihn darauf anspricht. Er kennt sich perfekt in Zorgan aus, war jedoch niemals dort. Seltsamer Geselle. Den behalte ich im Auge. Seine eigentliche Gabe ist jedoch das Geschichten erzählen, nicht der Schwerttanz. Da bin ich mal auf den Abend gespannt.

Tarea wird von einer alten Frau beiseite gezogen und sie verschwinden in einem Planwagen. Als sie kurze Zeit später wieder kommt ist Tarea verwirrt. Die Alte ist eine Wahrsagerin und sie hat ihr die Karten gelegt. Klingt alles sehr verworren, irgendwas von Dämonen, Staub und Sternen, eine Flut und Borons Raben am Ende des Weges. Aber wie ich immer sage, ist alles Auslegungssache. Ich hoffe ihre Sinne werden dadurch nicht getrübt, weil sie sich über Dinge Sorgen macht, die eintreffen könnten, wohlbemerkt könnten, denn jeder hat wohl sein Schicksal selbst in der Hand. Und man kann oft selbst entscheiden wann der Rabe einen geleitet.

Als es dunkel wird und sich das Fahrende Volk um das Lagerfeuer sammelt, setzen wir uns dazu und lauschen den überschwänglichen Erzählungen von Raffim, ein Tulamide der wohl übermenschliche Kräfte hat, oder einfach nur eine blühende Fantasie, aber seine Geschichten sind sehr lustig, spannend und lebhaft erzählt, dass es trotzdem Spass macht ihm zuzuhören, wie er ganz alleine mehrere Khoramsbestien besiegte oder ganze Novadigruppen auslöschte.

Irgendwann fängt auch Buka zu erzählen an und seine Geschichten sind so detailliert erzählt, als ob er selbst dabei gewesen sei, jedoch wiederum nicht so lebhaft und stimmungsschwankend wie Raffim sie erzählte, sondern eher kühl und objektiv ohne eine Gefühlsregung seinerseits.

Auf einmal hören wir alle Hufgetrappel und Wagenpoltern. Die DaMerinals treffen ein, hören wir manche sagen. Sie sind zu spät, sagt ein anderer. Plötzlich gellt ein markerschütternder Schrei aus der Richtung und wir alle sehen wie ein einziger Wagen der Gauklerfamilie angerast kommt, die Pferde kurz vorm Zusammenbruch und wieder gellt ein Schrei durch die Nacht, der aus dem Wageninneren kommt.

Wir versuchen die Leute und Pferde zu versorgen und erfahren von Jasper, der Vater der Familie, dass der zweite Wagen ein Radbruch hatte, genau am Fusse der Gorischen Wüste. Doch plötzlich sei bei Sonnenuntergang ein lautes Heulen wie von toten Seelen vom Hochplateau gekommen und rötlicher Sand fiel hinab wie Wasser von einem Wasserfall, ein stechender schwefliger Geruch sei in der Luft gelegen und es sei lautes Krachen aus dem anderen Wagen gedrungen, seine 16jährige Tochter Hama hätte gellend aufgeschrien, so dass Jasper vor Schreck die Flucht ergriff. Sie sind 1-2 Tage pausenlos durchgerast und wissen weder was mit ihrer Tochter los ist, noch was mit dem zweiten Wagen geschehen ist.

Ich fasse mir ein Herz und begebe mich in den Wagen zu dem verstörten Mädchen. Sie hat vor irgendetwas panische Angst, aber ich kann sie kurzzeitig beruhigen und sie berichtet mir nur bruchstückhaft etwas von Dämonen, einem Pferdekopf, dass sie alle tot sind und dass es niemals enden wird... dann ist sie still.

Man versucht sie aus dem Wagen in ein Zelt zu bringen, als ihr Blick jedoch auf Buka fällt, bricht sie wieder schreiend und zeternd zusammen.

Dieser Buka ist mir nicht geheuer, aber ob er direkt was mit der Sache zu tun hat bezweifel ich.

Bei Sonnenaufgang werden wir aufbrechen um nach dem zweiten Wagen zu suchen. Wir haben eine Wegbeschreibung, Proviant und sogar Pferde. Raffim und Buka werden uns begleiten. Ich hoffe wir finden die anderen DaMerinals noch rechtzeitig und am Leben.