Sonntag, 19. Juli 2015

Reise nach Rhodenstein

4. Boron 1016 BF

Am nächsten Abend schlagen wir das Nachtlager in einer etwas windgeschützteren Stelle im Wald auf. Ragnar hat seine Wunde verschlossen, doch ertränkt er seinen Kummer mit Schnaps. Auch ich lange zu meinem Bärentod um mich wenigstens von Innen zu wärmen, während Kaldrim sehr nachdenklich aussieht.

Ardo predigt wieder auf uns ein und es entbrennt ein kurzer Streit zwischen Ardo und mir. Er und sein verdammtes Gottvertrauen...die Götter könnten uns ruhig ein wenig zur Seite stehen, anstatt uns mit solch Unwesen zu konfrontieren, doch diese Gegend hier ist ein götterverlassener Ort. Die Kälte macht mir zu schaffen, ich fühl meine Muskeln kaum noch und bin nur noch am zittern. Nach dem Streit ziehe ich mich zurück und wende mich von der Gruppe ab, jedoch nahe genug am Feuer um nicht zu erfrieren.

Kaldrim steht plötzlich auf und schildert uns seine Gedanken. Und bei den Zwölfen, er könnte recht haben. Was ist, wenn diese Unwesen verschieden verflucht sind. Im Norden wurden Bauern angegriffen, vielleicht ist das Ungeheuer dort Peraine verflucht. Hier im Westen waren es Jäger, könnte also Firun verflucht sein und in Baliho soll ein Metzenschnitter umhergehen, vielleicht Rahja verflucht. Ebenso haben die Übergriffe irgendetwas mit den Mondphasen zu tun. Die Idee ist wirklich gut, wir sollten ihr folgen. Doch nicht mehr heute Nacht.

Die Kälte des Bodens lässt mich erneut erzittern und Ardo bietet mir trotz unseres Streits seine Hängematte an. Nach anfänglichem Zaudern siegt meine Vernunft und ich nehme sie dankend an. Ich schließe die Augen und in Gedanken mustere ich den Geweihten. Trotz seiner Sturheit und seiner ewigen Gottgefälligkeit ist er ein guter Mensch. Nicht nachtragend, immer klug und besonnen, es sei denn es gibt etwas anzugreifen. Irgendwie hat er auch was väterliches an sich. Ich muss im Halbschlaf lächeln, doch habe ich mein Gesicht eh von den anderen abgewandt. Ich bekomme noch mit, wie Ragnar sich ebenfalls mit ihm anlegt und irgendwann falle ich in einen kalten Schlaf.

Am nächsten Morgen machen wir uns weiter auf den Weg und ich befrage Ardo nach Rhodenstein. Er erzählt uns, dass dort sämtliche Aufzeichnungen der Rondrakirche zu finden seien und ich muss an Geron, den Einhändigen denken. Ich hörte zuhause einiges über ihn, doch wird das Meiste davon erfunden sein, so unglaublich klingen die Geschichten. Doch Ardo ist schon fast entsetzt über mein Unwissen und steigt ab um mir Gerons Geschichte zu erläutern. Er zieht seinen Rondrakamm und macht sich daran die Geschichte mit einem Schwertkampf zu erzählen. Bewundernd starre ich ihn an und er versinkt völlig in seinem Tanz, Schweiß rinnt ihm vom Gesicht und er beendet seine Erzählung mit dem einhändigen Halten seines riesigen Zweihänders ohne ein Zittern oder Wanken im Arm. Ich reiche ihm etwas zu trinken, während Kaldrim ihm etwas zum Abtrocknen gibt.
Ich merke wie mir die Röte ins Gesicht schießt, als ich Ardo anspreche. Ich muss meine Gefühle im Griff behalten. Ganz sicher werde ich mich nicht von einem Mann der Kirche abservieren lassen. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich alleine bin und auch bleiben werde. Einarmig und gealtert wie ich bin, brauche ich mir da keine falschen Hoffnungen mehr machen. Ich wende mich schleunigst ab und reite weiter. Warum muss ich auch immer gestandene Kämpfer so begehren, Yamira du bist alt und unansehnlich - vergiss es einfach! Nur an Rondras Tafel wirst du noch in Ehren gehalten werden, doch nicht mehr von einem Mann auf Dere. Doch wenn Geron einhändig soviel erreicht hat, so hat vielleicht auch die Göttin ein Einsehen mit mir und steht mir weiterhin zur Seite.

Gegen Abend erreichen wir Rhodenstein. Ardo führt uns an einer vom Blitz gespaltetenen Eiche vorbei und erzählt uns ihre Bewandtnis, wie das Götterwunder die Orks vertrieb, als die Leuin selbst mit Blitz und Donner die Eiche spaltete.

Ardo führt uns in die Stadt hinein, an den letzten Heerlagern des Orkensturms vorbei Richtung Burg. Das Burgtor ist schon geschlossen, doch die Wachen lassen uns passieren und wir gelangen in den Burghof. Während man Ragnar, Kaldrim und mich in der eisigen Burghalle warten lässt, führt man Ardo zum Burgsaß und nach einer Weile kommt er zurück und berichtet uns, dass er Zugang zu den Archiven erhält und wir ein Quartier bekommen. Ardo selbst bekommt eine eigene Kammer zugewiesen, während wir drei uns ein Zimmer teilen sollen. Ein kurzer Blick genügt Kaldrim um dankend abzulehnen und er macht sich auf den Weg zu einem Gasthaus. So bleiben Ragnar und ich allein zurück und der Hüne beschließt kurzerhand, dass er im Bett schlafen wird, während ich es mir auf dem Boden gemütlich machen kann. Ich füge mich meinem Schicksal, zum einen, weil ich keine Schwäche zeigen will, ich bin schließlich nicht so verweichlicht wie Kaldrim, und zum anderen weil ich es trotz des Bodens im Zimmer warm habe, nicht alleine bin und schließlich in der Burg Rodenstein willkommen geheißen wurde, was fast schon eine Ehre ist. Nach einem kurzen Gespräch mit Ardo, wie nun der weitere Plan sei, machen wir uns frisch für die Abendandacht und das Abendessen, was wiederum zu Streit führt zwischen Ragnar und mir, weil der Thorwaler nichts Besseres zu tun hat, als sich mit dem Waschwasser, was er sich wiederum zuerst unter den Nagel gerissen hat, den Mund auszuspülen und das Restwasser wieder zurück in die Schüssel spuckt, das Schwein. Nichts desto trotz wasche ich mir trotzdem kurz damit den gröbsten Dreck ab und wir gehen zur Andacht. Nach einem kargen, einfachen Abendmahl begeben wir uns zu Bett und trotz des harten Bodens schlafe ich recht schnell erschöpft ein.