Freitag, 17. Juli 2015

Wiedersehen mit Sulman

29. Ingerimm 1015 BF

Am nächsten Morgen begibt sich Ragnar zum Dorfschulzen, während wir noch frühstücken. Er erfährt, dass ein 15jähriges Mädchen verschwunden ist, aber es sei wohl davongelaufen, dessen sind sich alle sicher. Die kleine Rothaarige war eh sonderbar und trieb sich viel alleine herum. Also kein Grund zur Aufregung. Vom „schwarzen Schrecken" hat man hier wohl gehört, aber es sei niemand auffälliges hier durchgekommen. Sicher sind sie drum herum geritten. Nachdem Ragnar zurück ist und wir gemeinsam am Tisch sitzen, entbrennt eine unschöne Diskussion zwischen Kaldrim und Ragnar. Kaldrim ist offenbar ganz mieser Laune und da Thorwaler sich nun mal nicht alles bieten lassen, entbrennt ein handfester Streit. Als Ragnar ausholt um Kaldrim eine zu verpassen, haut er glücklicherweise daneben und als Kaldrim wieder weiterstachelt, sage ich nur, dass er von Glück sagen kann, dass er nicht getroffen wurde. Derweil stellt sich Ardo hinter die beiden, legt beiden die Hände auf die Schultern und spricht einen Harmoniesegen, der beide schnell zur Vernunft bringt und sie entschuldigen sich sogar gegenseitig.

Wir reisen weiter und kommen den Sichelausläufern immer näher, die, je näher wir kommen, ebenfalls immer weiter zusammenrücken. Nach einem kleinen Wäldchen sehen wir weit vorne einen Einschnitt in der Landschaft und als wir näher kommen, gelangen wir an eine riesige Klamm, die es zu überqueren gilt. Die Brücke vor uns ist allerdings gänzlich zerstört. Man sieht noch Axthiebe im Holz und Brandstellen, doch weit und breit keine Möglichkeit die Klamm anderweitig zu überqueren. Wir teilen uns auf und jede Gruppe reitet eine Weile in eine Richtung und kehrt ohne gute Neuigkeiten zurück. Wenn wir nicht mindestens einen halben Tag verlieren wollen, müssen wir anderweitig dort rüber. Ragnar hat eine magische Möglichkeit mit einer Brücke aus Licht. Doch Kaldrim hat seit seinem Traum furchtbare Höhenangst und bittet Ardo ihn mit auf sein Pferd zu nehmen mit verbunden Augen. Linai nimmt sein Pony und ich nehme Ragnars, während wir gespannt warten und zusehen wie Ragnar sich angestrengt konzentriert. Tatsächlich baut sich plötzlich vor uns eine gleißend leuchtende Brücke auf und wir eilen schnell hinüber. Wir sind schwer beeindruckt. Es hat uns viel Zeit erspart und sowas Seltsames und doch Wunderschönes hat noch keiner von uns je zu Gesicht bekommen. Wir danken Ragnar, der sichtlich stolz auf sich ist, und wir reisen weiter.

Wir folgen wieder dem Weg und kommen durch einen dichten Wald. Es ist unnatürlich ruhig, nur den Wind hört man in den Blättern rauschen, doch kein Vogel zwitschert, kein Laut ist sonst zu hören. Der Weg führt am Horizont über eine Kuppe, als plötzlich ein Bolzen geflogen kommt und ein gutes Stück vor uns landet. Wir hören ein schmerzhaftes Stöhnen von weitem und wieder fliegt ein Bolzen in unsere Richtung. Man hört Pferdegetrappel und plötzlich kommt uns über der Kuppe ein blutüberströmter Mann entgegengerannt und als er uns sieht, ruft er um Hilfe. Er stürzt, rappelt sich wieder auf und versucht weiter zu rennen bis er wieder stürzt und schwer verletzt liegen bleibt. Es ist Delian von Wiedbrück.

Auf dem Hügel können wir fünf Gestalten erkennen, die schlurfend und stöhnend uns entgegentreten. Offensichtlich wieder einmal Untote. Wir hören Hufschläge und sehen ein schauriges Ross, dessen aufgerissen Wunden im Fell unnatürlich grünlich dampfen. Im Sattel sitzt Sulman al Venish, sichtlich überrascht über unser Erscheinen. Doch trotzdem verhöhnt er uns, dass wir ohnehin zu spät wären und lässt seine Lakaien angreifen. Während wir uns kampfbereit machen, tritt noch ein Schwertkämpfer auf der linken Seite aus dem Wald und hinter ihm fliegt ein weiterer Bolzen in unsere Richtung.

Während Ardo absteigt, betet und dann angreift, macht Linai es ihm nach und geht Streitkolben schwingend auf die Zombies zu. Kaldrim wendet sich ebenfalls zu den Untoten, während Ragnar und ich uns dem Schwertkämpfer zuwenden. Ich greife zu meiner Dschadra, packe sie fest und lasse mein Pferd mit leichtem Schenkeldruck antraben. Diesmal werfe ich nicht im Galopp und verliere wieder den Halt, sondern werfe mit Bedacht, wenn ich nahe genug heran bin. Ragnar ist abgestiegen und folgt mir. Ich treffe den Schwertgesellen hart an der Seite, doch sein Gesicht zeigt keinerlei Schmerz. Ich rutsche aus dem Sattel und ziehe meinen Khunchomer, während Ragnar seine Axt schwingen lässt. Trotz tiefer Wunden, scheint der Schwertkämpfer keinen Schmerz zu spüren und kämpft mit einer stoischen Gelassenheit. Immer wieder kommen Bolzen aus dem Dickicht auf uns zu geflogen und wir werden getroffen. Als unser Gegenüber endlich zu Boden geht und wir uns dem Armbrustschützen zuwenden, fängt Ragnar sich einen zweiten Bolzen ein und auch ich habe im Kampf einiges abbekommen. Endlich sind die Gegner besiegt. Doch Sulman entkommt uns ein weiteres Mal.

Nun gilt es sich um alle Verletzten zu kümmern. Ich ziehe fachmännisch Ragnar den Bolzen aus dem Körper und verbinde ihn. Danach mache ich mir selbst Verbände, doch reicht mein Verbandsmaterial nicht mehr aus und ich nehme ein paar schmutzige Streifen meines Hemdes. Wird schon gehen, denke ich mit schmerzverzerrtem Gesicht und begebe mich mit Ragnar zu den anderen, die sich über Delian beugen.

Als Delian von Wiedenbrück erwacht und uns erkennt, bedankt er sich widerwillig und man merkt ihm seine Verärgerung an, dass Sulman uns wieder entkommen ist. Er erzählt uns was bisher geschehen ist. Die Männer der KGIA waren Sulman auf den Versen und trafen auf einer Lichtung auf einen Druiden, angeblich weil er versuchte ein Hexenband wieder in Ordnung zu bringen. Dort wurden sie von Sulman überrascht und es gab ein furchtbares Gemetzel. Der Anführer der fomidablen Sechs wurde getötet und seine Leiche in den Fluss geworfen. Sulman nahm Delian und den Rest der Söldnertruppe mit sich. Auf ihrer Weiterreise Richtung Dragenfeld stahlen sie Pferde und zerstörten die Brücke. Sie überfielen das Lager der Bauarbeiter der neuen Straße, opferten die Überlebenden und Sulman machte sich einige von ihnen als Untote zu Eigen. Delian konnte sich befreien, die Pferde töten und fliehen, doch drei seiner Männer hat Sulman noch immer in seiner Gewalt. Ich hole meine Dschadra und mein Pferd. Nachdem wir die Untoten verbrannt und die zwei Kämpfer der KGIA vergraben haben, nehmen wir Delian mit nach Dragenfeld.

Doch je weiter wir reiten, desto unheimlicher wird die Gegend. Es herrscht Totenstille. Die ganze Umgebung strahlt Leblosigkeit und Kraftlosigkeit aus. Als wir am Nachmittag an ein Waldstück kommen, hören wir kreischende Frauenstimmen und vier Harpyen lassen sich auf einem Baum neben dem Weg nieder. Sie beobachten uns und fangen an uns zu verhöhnen. Lästernde Stimmen drängen uns zur Eile, denn wir hätten keine Zeit mehr. Doch sie flattern wieder lachend und kreischend davon ohne ein Anzeichen von Angriffslust. Als wir dem Wäldchen näher kommen, erreicht unsere Nasen ein starker Brandgeruch und wir gelangen nach einer Weile an eine Lichtung. Rauchende Überreste einer Wagenburg, verkohlte Leichen von Männern und Frauen erwarten uns. Offensichtlich die Baustelle. Es riecht nach verbranntem Holz und Tod. Wir verbrennen eiligst die übrigen Leichen und machen uns weiter auf den Weg.

Als wir aus dem Wald kommen, merken wir wie sich die Umgebung noch mehr verändert hat. Selbst die Luft riecht schal, doch trotz, dass es Abend wird, will hier keiner rasten. Und doch merken wir auch unsere eigene Schwäche immer stärker. Wir sehen Rudel von Tieren, die sich trotz, dass es Nacht ist, auf den Weg nach Südwesten machen. Vogelschwärme fliegen nach Südwesten. Man hat das Gefühl, dass alles Leben nur noch fliehen will. Wir werden immer müder, aber immernoch will keiner rasten. Unsere Pferde sind ebenfalls sehr unruhig. Ragnar steigt irgendwann ab und führt sein Pferd zu Fuß durch die Nacht.